
Refill Neulengbach – Raum für neue Ideen
Nachhaltige Strategien im Umgang mit Leerstand entstehen selten im Alleingang. Das Projekt „Refill Neulengbach“, initiiert von Karin Peter (Gesellschaft für Forschungsförderung), vereinte die Technische Universität Wien, die Stadtgemeinde Neulengbach, die Eigentümergesellschaft (Projektleiter Maximilian Lehr), Vertreter:innen der Verwaltung, die Aktive Wirtschaft und die Mitmachregion in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess.
Unter der Leitung von Bob Martens und Oliver Tschuppik entwickelten Architekturstudierende der TU Wien neue Ansätze für zwei leerstehende Gebäude im Zentrum Neulengbachs. Der Prozess war von Beginn an durch Offenheit für verschiedene Perspektiven geprägt: Vertreter:innen der Aktiven Wirtschaft, des Stadtamts, der Mitmachregion und weitere Akteur:innen brachten ihr Wissen und ihre Erwartungen ein. Ziel war es, tragfähige und vielfältige Nutzungsmodelle für die Liegenschaften Hauptstraße 14 und 16 zu erarbeiten und damit die Grundlagen für einen lebendigen Stadtkern zu legen.
Das im Jahr 2024 abgeschlossene Projekt steht exemplarisch für eine kooperative Herangehensweise, die wissenschaftliche Analyse, lokale Kenntnisse und praktische Umsetzungsorientierung miteinander verbindet. Im Fokus standen nicht nur architektonische Entwürfe, sondern vor allem umsetzbare Modelle für einen sozialen, integrativen und zukunftsfähigen Umgang mit Leerstand.
Die im Rahmen des Projekts entstandenen Konzepte wurden in einer Ausstellung und einer öffentlichen Präsentationen diskutiert und dokumentiert. Sie bieten eine fundierte Arbeitsbasis für den weiteren Umgang mit Leerstand in Neulengbach und liefern auch Impulse für vergleichbare Herausforderungen in anderen Gemeinden.
Vertiefende Einblicke in die Einzelprojekte
In dieser Ausgabe der Elsbeere werden die erarbeiteten Konzepte aus dem TU Wien-Projekt erstmals detailliert vorgestellt. Die einzelnen Projekte adressieren unterschiedliche Aspekte des Leerstands – sie reichen von der Öffnung neuer öffentlicher Räume über die Umnutzung ehemaliger Gewerbebauten bis zu zeitgemäßen Formen des gemeinschaftlichen Wohnens. Diese Ansätze verdeutlichen das Potenzial, das im konstruktiven Austausch unterschiedlicher Akteur:innen und in der Bereitschaft zum Perspektivenwechsel liegt.
Einzelprojekte aus „Refill Neulengbach“: Neue Perspektiven für den Stadtkern
Piazza Neulengbach (David Braito)
Das Projekt „Piazza Neulengbach“ übersetzt das Bild des italienischen Stadtplatzes ins Zentrum von Neulengbach und eröffnet einen großzügigen, öffentlich zugänglichen Raum, der Wohnen, Handel und Gastronomie vereint. Insgesamt 26 Wohneinheiten gruppieren sich um eine zentrale Piazza, die nicht nur als Durchgang, sondern als lebendiger Treffpunkt konzipiert ist. Besonders innovativ ist die Bündelung der gewerblichen Funktionen: Eine Reihe von Geschäften und Gastronomiebetrieben sorgt für eine erhöhte Zirkulation im Dorfkern und stärkt so die Aufenthaltsqualität für Bewohner:innen wie Besucher:innen. Ein weiteres Highlight ist die Integration einer öffentlichen Parkgarage unter der angehobenen Piazza – ein architektonisches Element, das sowohl Barrierefreiheit als auch eine attraktive Gestaltung der Oberfläche ermöglicht. Lichtdurchflutete Fassaden und differenzierte Nutzungszonen verbinden modernes Wohnen mit urbanem Lebensgefühl. Die Piazza Neulengbach ist damit ein Paradebeispiel für einen offenen, flexiblen Stadtraum, der auf soziale Begegnung, Wirtschaftskraft und zeitgemäße Mobilitätsbedürfnisse gleichermaßen reagiert.Download Handout

Werkhof Neulengbach (Michael Goller)

Stadt Land Platz (Patrick Strassberger)

Die Achse (Michael Haidinger)

Landhaus I & II (Paolo Kerschbaumer & Artur Ruck)


Impulsquartier (Sina Stadlbauer)

Was Gemeinden und Akteur:innen aus „Refill Neulengbach“ lernen können
Leerstehende Gebäude und Flächen sind mehr als ein Symptom von Wandel – sie bieten Potenzial für neue Nutzungen, soziale Innovation und die Stärkung von Ortskernen. Die Projekte zeigen, dass ein Perspektivwechsel hin zu einer aktiven Gestaltung des Leerstands viele neue Handlungsspielräume eröffnet.
2. Zusammenarbeit ist Schlüssel zum Erfolg.
Die Einbindung unterschiedlicher Akteur:innen – von Eigentümer:innen, Verwaltung und Politik über Universitäten, Aktive Wirtschaft und Mitmachregion bis zu zukünftigen Nutzer:innen – ermöglicht es, bedarfsgerechte und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Kooperation auf Augenhöhe und das Zusammenbringen von Wissen, Ressourcen und Erfahrungen sind zentrale Voraussetzungen.
3. Nutzungsmischung erhöht die Resilienz von Zentren.
Die vorgestellten Konzepte setzen durchgehend auf eine Vielfalt an Nutzungen: Wohnen, Arbeiten, Handel, Kultur, Bildung, Begegnung, Grünraum. Gerade diese Mischung sorgt für eine höhere Widerstandsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne gegenüber gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen.
4. Partizipation fördert Akzeptanz und Identifikation.
Die frühzeitige und kontinuierliche Einbindung der Bevölkerung, aber auch von Nutzer:innengruppen, fördert die Identifikation mit den Projekten und schafft langfristig Akzeptanz für Veränderungen. Transparenz und niedrigschwellige Beteiligungsformate spielen dabei eine entscheidende Rolle.
5. Professionelles Leerstandsmanagement bildet die Basis.
Eine strukturierte Erhebung, Dokumentation und laufende Analyse von Leerstand ist unverzichtbar, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Moderne Tools und die enge Kooperation aller relevanten Akteur:innen unterstützen eine gezielte Aktivierung und Verwertung von Leerständenlma-handbuch-kartenset_….
6. Baukultur und Nachhaltigkeit gehören zusammen.
Sorgsamer Umgang mit Bestandsgebäuden, qualitätsvolle Architektur und die Integration von Grün- und Freiräumen sind wesentliche Bestandteile einer zukunftsfähigen Entwicklung. Die vorgestellten Projekte zeigen, wie nachhaltige Baukultur und innovative Nutzungskonzepte Hand in Hand gehen können.