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Was ist Inklusion für mich?

Aus der Perspektive einer Mutter


Inklusion ist…
… wenn der Mensch im Vordergrund steht und nicht die Behinderung.
… wenn dir die Leute zur Geburt deines Kindes gratulieren und nicht nur erschrecken.
… wenn Menschen, die euch begegnen mit euch reden anstatt dein Kind anzustarren.
… wenn du selbstverständlich willkommen bist, anstatt leise anzufragen, ob es denn vielleicht, unter Umständen… möglich wäre ...
… wenn dich die Kinder aus dem Kindergarten noch Jahre danach freudig begrüßen, wenn sie dich sehen.
… wenn dich die Kinder deiner Klasse zum Geburtstag einladen.
… du an deinen Fähigkeiten gemessen wirst anstatt an dem, was du nicht kannst.
… wenn dich deine MitschülerInnen am Schulweg schon von weit her rufen und auf dich zulaufen.
… du eine Chance bekommst, anstatt den immer gleichen Satz zu hören: „Das geht nicht.“
… wenn deine Mitmenschen auf dich zugehen anstatt dir auszuweichen.
… wenn LehrerInnen oder GruppenleiterInnen Wege finden, wie dein Kind MITMACHEN kann, anstatt nur dabei zu sitzen.
… wenn du nicht ständig um alles kämpfen musst ...

Ganz ehrlich

Wie oft begegnen wir Menschen mit Behinderungen im Alltag?
Wie oft treffen wir sie in der Schule, auf der Straße, beim Einkauf, bei der Arbeit, bei Freizeitaktivitäten, bei Events in der Heimatgemeinde?

Als Mama eines Buben mit Down Syndrom bin ich seit seiner Geburt darum bemüht, dass er die gleichen Chancen erhält wie andere Kinder auch. Ein gar nicht so leichtes Unterfangen! 

Denn von selbst geschieht Inklusion nicht, wir müssen permanent daran arbeiten, aufklären, überzeugen und vor allem vorleben. Es geht um selbstverständliches Dabei-Sein, um Willkommen-Sein in der Gesellschaft, in Kindergarten, Schule, Verein, Sportgruppe oder ...

Tanzende Kinder
Zu unserem großen Glück haben wir dieses Willkommen-Sein tatsächlich erlebt, im Stadtkindergarten Neulengbach zum Beispiel, als ich von der Leiterin eines Tages beim Abholen meines älteren Sohnes gefragt wurde: „Und wann kommt Felix zu uns?“ Es ist nicht selbstverständlich, dass wir so freundlich eingeladen werden und dass seitens der Gemeinde der Einsatz einer Stützkraft bereits feststeht und wir nicht mehr darum kämpfen müssen.
Kinder am Spielplatz
Ähnlich willkommen waren wir in der Mehrstufenklasse der Volksschule Neulengbach, unserer Wohnortschule. Da war es zwar schon etwas schwieriger in die gewünschte Klasse zu kommen, aber schlussendlich ist es doch gelungen und wir wurden GEFRAGT, ob wir denn nicht auch eine Nachmittagsbetreuung brauchen würden. Das ist eine Seltenheit, denn normalerweise bedarf es viel Vorbereitungsarbeit seitens der Eltern, um eine ausreichende Betreuung eines Kindes mit Behinderung sicherzustellen. Wir sind also der Stadtgemeinde Neulengbach sehr dankbar, dass sie durch Assistenzpersonal Inklusion ermöglicht. 
Kinder in der Schule beim gemeinsamen Lesen

Dankbar?

Ja, in unserem Fall sind das alles keine Selbstverständlichkeiten, z.B. dass Felix mit all den anderen Kindern Schule und Kindergarten im Wohnort besuchen „darf“. Wir sind dankbar, dass es hier so viele offene Menschen gibt, die uns einladen mitzumachen, dabei zu sein. Wie wir von vielen anderen Eltern wissen, haben nicht viele so viel Glück Inklusion und Teilhabe zu erleben.

Kann Inklusion von Zufall und Glück abhängen, oder ist es nicht eher unser aller Aufgabe, daran zu arbeiten, dass sie überall selbstverständlich wird?

Mein Kind hat die gleichen Bedürfnisse wie andere Kinder auch, nach gemeinsamem Spiel, Spaß haben, Freunde treffen… ja und auch gemeinsamem Lernen, etwas entdecken, Neues kennenlernen…
Das Zusammensein mit anderen Kindern bedeutet für ihn enorme Entwicklungschancen, die keine Therapie oder Spezialbetreuung bieten kann. Immer wieder habe ich festgestellt, dass Felix durch intensives Zusammensein mit Kindern ohne Behinderung große Entwicklungssprünge macht, denn er hat eine gute Beobachtungsgabe und lernt besonders gut durch Nachahmung, sei es in der Kommunikation oder Interaktion mit anderen, beim Sprechen, beim Bewegen, beim Spielen und Handeln.

Kinder, die Felix bereits von Kindergarten und Schule kennen, gehen unvoreingenommen mit ihm um und beziehen ihn in ihr Spiel mit ein, wenn sie ihn in ihrer Freizeit treffen. Dazu möchte ich ein Beispiel schildern:
Beim Besuch des Ostermarkts am Finsterhof klettert Felix gleich in das große Trampolin am Spielplatz. Es hüpfen dort bereits ein paar Kinder, die ihn noch nicht kennen und beobachten ihn kritisch. Nach einer Weile verlässt ein Kind nach dem anderen, sichtlich etwas irritiert, das Trampolin und Felix ist alleine. Aber nicht lange, denn dann wird er von 3 MitschülerInnen seiner Klasse entdeckt. Unter großem Hallo und herzlicher Begrüßung beginnt ein kunterbuntes Balgen, Hüpfen und Lachen. Die anderen Kinder schauen etwas zu und als sie offensichtlich feststellen, dass Felix keine Gefahr darstellt, kommen sie nach und nach auch wieder aufs Trampolin. Kinder, die es gewohnt sind mit behinderten Kindern umzugehen fungieren also als Role-Models für andere, die noch keine Erfahrungen gemacht haben. 
Kinder beim Springen am Trampolin
Und diese Erfahrungen prägen uns für das weitere Leben. Vielleicht sind die Kinder von heute die Arbeitgeber von morgen, die einem Menschen mit Behinderung eine Chance geben auf dem ersten Arbeitsmarkt oder die MitbewohnerInnen in einer inklusiven WG?

Deshalb plädiere ich für „Inklusion von Anfang an und überall!“
Ein keines Kind mit Down Syndrom
Felix
12.10.2025 • aktualisiert am 14.10.2025